Wilhelm Busch – mittlere Sprüche

Wilhelm Busch (1832 – 1908):
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Was hilft es dir, damit zu prahlen,
Daß du ein freies Menschenkind?
Mußt du nicht pünktlich Steuern zahlen,
Obwohl sie dir zuwider sind?


Wenn alles sitzen bliebe, was wir in Haß
und Liebe so voneinander schwatzen,
wenn Lügen Haare wären, wir wären rauh
wie Bären und hätten keine Glatzen.


Das Reden tut dem Menschen gut;
Wenn man es nämlich selber tut;
Von Angstprodukten abgesehn,
Denn so etwas bekommt nicht schön.


Scheint dir auch mal das Leben rauh,
sei still und zage nicht,
die Zeit, die alte Bügelfrau,
macht alles wieder schlicht.


Der eine fährt Mist, der andre spazieren;
Das kann ja zu nichts Gutem führen,
Das führt, wie man sich sagen muß,
Vielmehr zu mehr und mehr Verdruß.


Wie traulich sitzt im Sonnenschein,
Vor ihrer Tür auf einem Stein,
Die Mutter mit dem Kind im Schoß
Und schaut, was auf dem Kopfe los.


Willst du das Leben recht verstehn,
mußt du's nicht nur von vorn besehn.
Von vorn betrachtet sieht ein Haus
meist besser als von hinten aus.


Gottlob, es gibt auch stille Leute,
die meiden dies Gewühl und hassen's
und bauen auf der andern Seite
sich eine Welt des Unterlassens.


Drum soll ein Kind die weisen Lehren
der alten Leute hochverehren!
Die haben alles hinter sich
und sind, gottlob! recht tugendlich.


Es tut die vielgeschmähte Zeit
doch mancherlei, was uns erfreut;
und, was das Beste, sie vereinigt
selbst Leute, die sich einst gepeinigt.


Enthaltsamkeit ist das Vergnügen
an Dingen, welche wir nicht kriegen.
Drum lebe mäßig, denke klug,
wer nichts gebraucht, der hat genug.


Der Ruhm, wie alle Schwindelware,
hält selten über tausend Jahre.
Zumeist vergeht schon etwas eh'r
die Haltbarkeit und die Kulör.


Ach, der Tugend schöne Werke,
gerne möcht ich sie erwischen,
doch ich merke, doch ich merke,
immer kommt mir was dazwischen.


Mit scharfem Blick, nach Kennerweise,
Seh ich zunächst mal nach dem Preise,
Und bei genauerer Betrachtung
Steigt mit dem Preise auch die Achtung.


Sein Prinzip ist überhaupt:
Was beliebt, ist erlaubt.
Denn der Mensch als Kreatur
hat von Rücksicht keine Spur.


Ein Irrtum, welcher sehr verbreitet
Und manchen Jüngling irreleitet,
Ist der: daß Liebe eine Sache,
Die immer viel Vergnügen mache.


Wie sorglich blickt das Aug' umher!
Wie freut man sich, wenn der und der,
Noch nicht versunken oder matt,
Den Kopf vergnügt heroben hat.


Nicht, wer selbst ein Lautenschläger,
Sondern ein Gedichtsverleger
Ist der rechte Kritikus,
Nämlich, weil er zahlen muß.


Wer nicht auf gute Gründe hört,
dem werde einfach zugekehrt
die Seite, welche wir benützen
um drauf zu liegen und zu sitzen.


Ach, die sittenlose Presse!
Tut sie nicht in früher Stund
all die sündlichen Exzesse
schon den Bürgersleuten kund?!


Ich nahm die Wahrheit mal aufs Korn.
Und auch die Lügenfinten.
Die Lüge macht sich gut von vorn,
Die Wahrheit mehr von hinten.


Es geht der Krieger, der gerechte,
Mit frohem Mute zum Gefechte.
Indessen ist es ihm doch lieber,
Wenn alles erst mal gut vorüber.


Frühling, Sommer und dahinter
gleich der Herbst und bald der Winter –
ach, verehrteste Mamsell,
mit dem Leben geht es schnell.


Ein kluger Mann verehrt das Schwein;
er denkt an dessen Zweck.
Von außen ist es ja nicht fein,
doch drinnen sitzt der Speck.


Laßt uns lieben, singen, trinken,
Und wir pfeifen auf die Zeit;
Selbst ein leises Augenwinken
Zuckt durch alle Ewigkeit.


Raum ist in der kleinsten Hütte
Für ein einzig liebend Paar.
Nur für Karoline Schütte
Und für mich ist das nicht wahr.


Zwar man zeuget viele Kinder,
doch man denket nichts dabei,
und die Kinder werden Sünder,
wenn's den Eltern einerlei.

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Dauerhaftem schlechtem Wetter
mußt du mit Geduld begegnen,
mach es wie die Schöppenstedter:
regnet es, so laß es regnen!


Wie das so wechselt Jahr um Jahr,
Betracht ich fast mit Sorgen.
Was lebte, starb, was ist, es war,
Und heute wird zu morgen.


Stoffel hackte mit dem Beile.
Dabei tat er sich sehr wehe,
Denn er traf in aller Eile
Ganz genau die große Zehe.


Fortuna lächelt; doch sie mag
nur ungern voll beglücken;
schenkt sie uns einen Sommertag,
schenkt sie uns auch Mücken.


Solange Herz und Auge offen,
um sich am Schönen zu erfreun,
solange darf man freudig hoffen,
wird auch die Welt vorhanden sein.


Dünne Zweige, kurz gebrochen,
Etwas dünner oder dicker,
Um Kaffee dabei zu kochen,
Diese Zweige heißen Spricker.


Ach, Herr, mach alles wieder recht,
Dämpf die Pfaffen und Kriegersknecht.
Gib Frieden, dazu viel edlen Wein,
Auf daß wir allesamt lustig sein.


Wenn andre klüger sind als wir,
Das macht uns selten nur Pläsier,
Doch die Gewißheit, daß sie dümmer,
Erfreut fast immer.


Ratsam ist und bleibt es immer
Für ein junges Frauenzimmer,
Einen Mann sich zu erwählen
Und womöglich zu vermählen.


Nörgeln

Nörgeln ist das allerschlimmste,
keiner ist davon erbaut;
keiner fährt, und wär’s der Dümmste,
gern aus seiner werten Haut.


Der fliegende Frosch

Wenn einer, der mit Mühe kaum,
geklettert ist auf einen Baum,
schon meint,
daß er ein Vöglein wär,
so irrt sich der.


Prosit Neujahr!

Das alte Jahr gar schnell entwich,
es konnt sich kaum gedulden
und ließ mit Freuden hinter sich
den dicken Sack voll Schulden.


Wer eine Erbschaft übernommen,
Hat für die Schulden aufzukommen,
Denn nicht umsonst ist der Genuß.
Kein Leugnen gilt, kein Widerstreben,
Wir müssen sterben, weil wir leben.
So lautet der Gerichtsbeschluß.


Der Mond. Dies Wort so ahnungsreich,
So treffend, weil es rund und weich –
Wer wäre wohl so kaltbedächtig,
So herzlos, hart und niederträchtig,
Daß es ihm nicht, wenn er es liest,
Sanftschauernd durch die Seele fließt? –


Eben geht mit einem Teller
Witwe Bolte in den Keller,
Daß sie von dem Sauerkohle
Eine Portion sich hole,
Wofür sie besonders schwärmt,
Wenn er wieder aufgewärmt.


Liebe sagt man schön und richtig,
ist ein Ding, was äußerst wichtig.
Nicht nur zieht man in Betracht,
was man selber damit macht.
Nein, man ist in solchen Sachen
auch gespannt, was andre machen.


Mein lieber Sohn, du tust mir leid,
dir mangelt die Enthaltsamkeit.
Enthaltsamkeit ist das Vergnügen,
an Sachen, welche wir nicht kriegen.
Drum lebe mäßig, denke klug,
wer nichts gebraucht, der hat genug.


Als mir die Zeit entgegenkam,
Erschien sie mir hübsch wundersam
Und angenehm und lecker.
Sie ging vorüber, und – o weh! –
Nun, da ich sie von hinten seh',
Bemerk' ich ihren Höcker.


Wenn wer sich wo als Lump erwiesen,
So schickt man in der Regel diesen
Zum Zweck moralischer Erhebung
In eine andere Umgebung.
Die Luft ist gut, die Lage neu,
Der alte Lump ist auch dabei.


Die Woche im Blick!
Der Mensch sieht meistens wie man spricht,
im Auge seinen Balken nicht;
und hält ihn auch noch –
das ist bitter –
im Spiegel nur für einen Splitter.


Zu nehmen, zu behalten
Und gut für sich zu leben
Fällt jedem selber ein.
Die Börse zu entfalten,
Den andern was zu geben,
Das will ermuntert sein.


Der Architekt ist hoch verehrlich,
(Obschon die Kosten oft beschwerlich),
Weil er uns unsre Erdenkruste,
Die alte, rauhe und berußte,
Mit saubern Baulichkeiten schmückt,
Mit Türmen und Kasernen spickt.


Buch des Lebens

Haß, als minus und vergebens,
Wird vom Leben abgeschrieben.
Positiv im Buch des Lebens
Steht verzeichnet nur das Lieben.
Ob ein Minus oder Plus
Uns verblieben, zeigt der Schluß.


Ach, wird es mir denn niemals klar,
wo ich gewesen, eh ich war?
Schwamm ich, verkrümelt in Atome,
gedankenlos im Wirbelstrome,
bis ich am Ende mich verdichtet
zu einer denkenden Person?

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